Welche Kompetenzen brauchen wir denn jetzt? Wofür eigentlich? Und wie entwickeln wir sie?

Viele Menschen machen sich derzeit Gedanken darüber, welche Kompetenzen wir jetzt eigentlich brauchen. Es scheint sich ein allgemeines Gefühl zu manifestieren, dass wir den Herausforderungen heute nicht mehr mit den Kompetenzen von heute begegnen können.

In unserem letzten Blogartikel hat Miriam Meyer beschrieben, was ihre Recherche in Sachen notwendige Fähigkeiten für die aktuelle Arbeitswelt ergeben hat. Vor allem die Anforderungen in Bezug auf den Umgang mit digitalen Tools und digitaler Kommunikation sind gestiegen. Klar, unsere Zusammenarbeit spielt sich in großem Maße digital ab. Wenn wir also danach schauen, wie unsere Arbeit beschaffen ist, in welchem Kontext wir tätig sind, dann ergeben sich daraus Anforderungen, denen wir im besten Fall mit geeigneten Kompetenzen begegnen.

Wir können aber auch einen anderen Ausgangspunkt nehmen. Und das hat Sascha Hertling vom RKW Kompetenzzentrum getan. Ausgehend von seinen Erfahrungen und im Austausch mit zahlreichen Sparringspartnern hat er sechs Kompetenzen der Zukunft definiert. Das individuelle Erleben von Nicht-Stimmigkeit oder Diskrepanz zwischen dem, wie es sein sollte und dem, wie wir es erleben dient hier als Hinweis auf Möglichkeiten eines anderen Umgangs mit Fragestellungen, denen wir immer häufiger begegnen. Z.B.: „Auf die gewohnte Weise komme ich nicht mehr weiter – ich blicke gerade gar nicht mehr durch!“ Wenn wir uns in einem komplexen Kontext wiederfinden und unsere übliche Herangehensweise versagt. Oder „Wenn ich unter Druck komme, bleibe ich unter meinen Möglichkeiten“, als Beschreibung des eigenen Erlebens von Inkompetenz in Zusammenhang mit unseren Emotionen.

Die RKW Zukunftskompetenzen sind Metakompetenzen, die unsere fachlichen Fähigkeiten ergänzen. Sie unterstützen uns dabei als Menschen, Wandel zu gestalten und mit Zuständen von Unsicherheit, Dynamik und Ambiguität konstruktiv umzugehen. Diese Kompetenzen weisen in die Zukunft, weil es nicht darum geht, mehr von demselben zu tun. Hier gehen Menschen miteinander in Beziehung und im Umgang mit dem Neuen gestalten sie die Zukunft. Sie haben die Herausforderungen, die wir jetzt angehen müssen fest im Blick und können flexibel und souverän auf Irritationen reagieren.

Sascha Hertling hat aus seiner Erfahrung und den Sparringsgesprächen folgende 6 Zukunftskompetenzen destilliert:

Basiskompetenz Achtsamkeit

Mit Achtsamkeit gelingt es uns, Muster und Automatismen in unserem Handeln zu identifizieren. Wir können uns für etwas anderes entscheiden und haben dadurch Zugang zu anderen, situationsangemessenen Kompetenzen.

Emotionskompetenz

Stress und Druck können wir gelassener begegnen, wir nutzen unsere Potenziale auch wenn es mal schwierig wird. Mit Konfrontationen und Konflikten gehen wir souverän um und überlassen uns nicht unseren Affekten.

Komplexitätskompetenz

Wenn wir Komplexität begegnen sind wir in der Lage, differenziert zu urteilen und greifen auf eine Bandbreite von Möglichkeiten in unserem Handeln zurück.

Beziehungskompetenz

Wir fördern gedeihliche Beziehungen und Kooperation, geben uns und anderen damit die Sicherheit, die wir brauchen, um uns zu entfalten und uns auf Phasen von Unsicherheit und Veränderung einzulassen.

Paradoxiekompetenz

Auch in unerwarteten Situationen sind wir urteils- und handlungsfähig und lassen uns nicht mattsetzen durch scheinbare Widersprüchlichkeiten. Wir bleiben flexibel und beugen so der Eskalation von Konflikten und der Verhärtung von Positionen vor.

Generative Kompetenz

Das Neue ist unser Freund. Wir sind offen dafür, Altes, das nicht mehr funktioniert sein zu lassen und Neues zu probieren. Wir erweitern ständig unser professionelles Repertoire.

Es ist augenscheinlich, dass sich solche Kompetenzen nicht in der üblichen Weise entwickeln lassen. Hier geht es um mehr als die Anwendung von Wissen, einer Methode oder Technik. Die Gestaltung von Beziehungen, zu uns selbst wie zu anderen wird hier zum Kernthema, eine Art mit uns und anderen umzugehen, die es wahrscheinlicher macht, dass wir auch in schwierigen Situationen auf unsere Ressourcen zurückgreifen und situationsangemessen handeln können.

Das Lernen, das es hierfür braucht zeigt sich als eine multiperspektivische, reflektierende und erlebnisorientierte Auseinandersetzung mit relevanten Themen und Inhalten. Es ist ein Prozess, der vor allem von der Kontinuität der Beziehungen lebt, von dem Aufeinander- Angewiesen-Sein in der Zusammenarbeit, vom echten Interesse füreinander, vom eigenen Beitrag und dem der anderen. Das bedeutet, Menschen in der Art und Weise, wie sie sich entwickeln wollen ernst zu nehmen und ihnen die Zeit, den Raum und den Rahmen zu geben, die es dafür braucht.

Ein solcher Lern- und Entwicklungsprozess ist nicht planbar, vielmehr geht es darum, im Prozess Angebote zu machen, die von den Lernenden verarbeitet und genutzt werden können, die jetzt gerade brauchbar und sinnvoll sind. Wir arbeiten in der Entwicklung der Kompetenzen also auch schon mit den Kompetenzen. Wir schaffen Situationen, in denen sie notwendig sind, sich zeigen und ihre Wirkung entfalten können. Menschen nehmen sich in solchen Kontexten intensiver wahr und sie können auf die Kompetenzen, die ja in jedem Menschen angelegt sind, schon zurückgreifen. In welchem Umfang das gelingt hängt nach unserer Beobachtung wesentlich vom individuellen Vertrauens- und Sinnerleben in der Situation und in Bezug auf das Entwicklungsvorhaben ab.

Mit anderen Worten, uns gelingt viel, wenn wir Vertrauen in der Gruppe erleben, einen Sinn in dem sehen, was wir gerade tun und wenn wir eine grundlegende innere Zustimmung dazu haben, uns auf eine Entwicklungsreise zu begeben. In diesem Zusammenhang ist es schwierig, mit verordneter Entwicklung, beliebigen Inhalten oder wechselnden Lernenden zu arbeiten.

Also macht Platz in den Seminarkatalogen für Entwicklung, die Sinn macht, übergeordnete Kompetenzen fördert und Menschen zusammenbringt.

Danke an Sascha Hertling für die Inspiration!

Hier geht es zu den RKW Kompetenzen der Zukunft.

Hier könnt Ihr Kontakt mit uns aufnehmen, wenn Ihr Euch für unsere Entwicklungsformate interessiert.

Bild: antenna auf unsplash.com